Oomph! — Des Wahnsinns Fette Beute
Yippieh! Endlich mal wieder ein Album, über das ich gerne etwas schreibe! Am 18. Mai ist ein neues Album von Oomph! erschienen und ich finde es absolut genial! Oomph war ja vor einigen Jahren mit dem Song „Augen auf“ sogar in den Charts vertreten, wobei ich schon sagen muss, dass ich die schon etwas länger kenne; die Band wurde schließlich schon 1989 gegründet und hat auch schon das eine oder andere Album veröffentlicht.
Nun ist also mit dem Album „Des Wahnsinns Fette Beute“ das mittlerweile 11 Studioalbum der Wolfsburger Band erschienen und ich finde, dass das echt ein Hammer ist. Generell ist auch dieses Album schwer einer bestimmten Kategorie zuzuordnen, denn die Band ist eine Band im Wandel, gewollt gefangen in der eigenen musikalischen Evolution. Und das ist gut so, wie ich finde, denn Stagnation ist schließlich ein Rückschritt.
Auf dem Album kann man eine schöne bunte Mischung an Songs finden und es kommt insgesamt mit 14 Songs daher:
- Unzerstörbar
- Zwei Schritte vor
- Such mich, find mich
- Bis der Spiegel zerbricht
- Die Geister die ich rief
- Bonobo
- Deine Eltern
- Kleinstadtboy
- Regen
- Kosmonaut
- Komm zurück
- Aus meiner Haut
- Seemannsrose
- Unendlich
Spannend finde ich hier ja, das viele Kritiker das Album zerreißen und es schlecht reden. Es sei infantil und einödig… die Texte würden teilweise an die Atzen erinnern und es würde sich vermutlich im CD-Player eines jeden Dorfproleten gut machen. Hmmmm… ok, ok … ich merke zwar auch, das hier sehr viel mit sexuellen Anspielungen wie „Spiel nicht an dir selbst, denn davon wird man blind“ oder auch „Komm, mein schöner Leichtmatrose, Lass uns bummeln geh’n. Lass herab die Seemannshose, Alle soll’n uns fummeln seh’n. Komm, mein schöner Leichtmatrose, Stopfe mir das Leck.“ gespielt wird, aber ich finde, dass das etwas von einer gewissen Ironie hat. Warum soll man denn auch nicht mit solchen Sachen spielen?
Etwas befremdlich fand ich den Song „Kleinstadtboy“, der im Grunde eine Persiflage auf den Bronski Beats Klassiker „Small Town Boy“ ist und wie ich leicht homophobe Tendenzen im Text gespürt habe. „Hmmm… was soll das denn jetzt?„, ging es mir durch den Kopf, denn so ein „anfeinden“ von Andersartigen finde ich so gar nicht gut, aber das haben Oomph dann wieder mit dem Song „Aus meiner Haut“ gut gemacht, denn hier heißt es:
Ich zieh mein liebstes Kleidchen an,
auf hohen Hacken, vor meinem Spiegel.
Ich pudre mir die Wangen rot, ich weiß genau, was dir gefällt.
Ich hoff‘, der Bart im Gesicht
stört dich beim Liebesspiel nicht,
wenn unsre Lippen sich zärtlich berühr’n.Ich will raus – raus – raus aus meiner Haut,
weil ich mich so gern verkleide.
Ich will raus – raus – raus aus meiner Haut,
denn ich will mich nicht entscheiden.Ein bisschen bi schadet nie.
Ein bisschen bi schadet nie.Ich klemm mir meine Hoden ab,
rasier‘ die Beine bis hoch zum Mieder.
Ich kleb mir falsche Wimpern an,
Ich bin ein Star in meiner Welt.
Wenn ich im Rampenlicht steh, fühl‘ ich mich schöner denn je.
Ich lass die Lust und die Triebe regier’n.[…]
Im Grunde also ein Song über Transsexualität und Travestie, welcher keinerlei Anfeindungen erkennen lässt. (BTW. auch hier wird wieder sehr stark mit der Sexualität gespielt, denn im Hintergrund kann man immer wieder ein leise geflüstertes „Fick mich… Fick mich..“ hören).
Komme wir zu meinem absoluten Favoriten auf dem Album … „Bonobo„. Hier sind die meisten Kritiker auch eher dazu geneigt, den Song schlecht zu reden, denn der Text sei lyrisch sehr banal und käme mit den stumpfesten Worthülsen daher… ok, Zeilen wie „Ich wär so gern ein Bonobo / So tolerant und lebensfroh / Mehr Liebe gibt es nirgendwo / Ich wär so gern ein Bonobo / Ich wär so gern ein Bonobo / Denn friedlich sind sie sowieso /Die Menschheit ist ein Griff ins Klo / Ich wär so gern ein Bonobo “ sind sicherlich nicht die anspruchsvollsten, aber meiner Meinung treffen sie es doch irgendwie auf den Punkt. Besonders, wenn es da lautet „Ich habe oft darüber nachgedacht / Was der Mensch besser / machen könnte als die Tiere / Doch dann bin ich zu dem Entschluss gekommen / Dass er garnichts bessern kann, er ist schwierig„, kann ich dem schon irgendwie zustimmen.
Ziemlich genial finde ich übrigens den Rhythmus des Songs, denn dieses quasi Marschgetrommel mit den synthetischen Klang, liegt irgendwie voll in meinem Geschmacksbereich.
Last but not least … der Song „Unendlich„. Komisch … auf den gehen die verreisserischen, kritischen Stimmen irgendwie gar nicht ein, aber vielleicht passt er auch einfach nur nicht in das Konzept alles schlecht zu reden. Ich zitiere hier mal aus dem Songtext:
Beim letzten Mal als wir uns trafen,
sagtest du mir, dass du morgen deine Zukunft verschenkst.
Ich sah sofort in deinen Augen,
dass du wieder deine Träume in der Flasche versenkst.
Du sagtest: „Kennst du nicht das Sprichwort:
Gib ’nem Menschen nur genügend Seil, dann hängt er sich auf?“
Dass deine Frau und deine Tochter
deine Pläne nicht verkraften würden, nahmst du in kauf.Das interessiert dich alles gar nicht mehr,
dein letztes Lachen ist schon lang her.
Wir alle werden dich wohl nie versteh’n,
die Welt ist dunkler ohne dich.Verlass‘ mich – verletz‘ mich.
Dein Hass ist vergänglich.
Am Anfang – Am Ende,
denn nichts ist unendlich.Dass du nicht wolltest, dass die Leute um dich weinen,
hat alles nur schlimmer gemacht.
Auf der Beerdigung im Frühling schien die Sonne,
aber trotzdem hat keiner gelacht.
Dass deine Frau ein zweites Kind vor dir erwartet
war für alle wie ein Stich in die Brust.
Und deine Freunde sagten alle:
„Ich hätte ihm doch geholfen, hätte ich’s nur gewusst.“[…]
Wow! Das ist sehr harter Tobak. Also wenn der Text oberflächlich und infantil ist, dann weiß ich es ja auch nicht. Ich finde ihn extrem tiefsinnig und traurig und die Musik zu diesem Song ist absolut passend. Einfach gesagt ein extrem schönes Lied!
Fazit
Die Kritiker mögen dieses Album zerreißen oder auch nicht … ich finde es gut… genauer gesagt SEHR GUT! Wer Oomph ein wenig mag oder sich mal auf etwas Neues einlassen will, der sollte auf jeden Fall mal in dieses Album reinhören. Oomph hat hier wieder ein sehr abwechslungsreiches und rhythmisches Album abgeliefert und wenn man die Ironie in den Texten zu verstehen weiß, dann kommen sie auch nicht mehr so platt daher.
Noch schnell zu meinen Favoriten auf dem Album…
- Bonobo
- Unendlich
- Aus meiner Haut
Abschließend kann ich nur sagen, dass das Album von mir zwei Daumen hoch bekommt :thumbup_tb: … ach was … und es bekommt sogar noch einen dritten :top_ang: .
Hallo. Ich habe vor Erscheinen der CD ein Interview gelesen, wo deutlich gesagt wurde, dass mit sexuellen Themen gespielt wird. Ich sehe da auch weder abwertende, noch oberflächliche Texte. Im Gegenteil, die meisten Texte sind derart tiefsinnig, dass man Mühe hat, cool zu bleiben. „Unendlich“ ist hier auch mein absoluter Favorit, dicht gefolgt von „such mich, find mich“, „aus meiner Haut“, „deine Eltern“,… ach eigentlich sind sie bis auf 2 oder 3 Ausnahmen alle klasse. Von mir also auch ein dickes fettes *daumen hoch*
@Anja
Auch Hallo :)
Das freut mich wirklich sehr, dass ich anscheinend mit meiner Meinung nicht ganz so alleine da stehe :) Du hast vollkommen Recht… man muss halt mal genauer hinhören und dann kann man auch den Sinn hinter einem Text verstehen, aber vielleicht haben diese anderer Kritiker einfach nur voneinander abgeschrieben ;)
Hallo Andre, natürlich stehst du damit nicht allein da. Aber dieser Musikgeschmack ist halt nicht unbedingt im Mainstream anzutreffen. Allerdings betrachte ich das als Privileg, wer will schon zur langweiligen breiten Plastik-Pop-Masse gehören? ;-)
Oomph haben damals schon, als sie mit „Gott ist ein Popstar“ offenbar derart provoziert haben, da ihr Text blasphemisch interpretiert wurde, genau meinen Nerv getroffen. Seitdem bin ich Fan :-)
Viele ihrer Titel auch älterer Alben sind alles andere als oberflächlich, sondern befassen sich bedrückend intensiv mit Liebe, Tod, Schmerz, Missbrauch und anderen sozialkritischen Themen. Wer das oberflächlich findet, hat eben noch nie genau hingehört.
@Anja
Hallo Anja,
es ist durchaus korrekt, dass man es als Privileg betrachten kann, wobei ja Oomph und auch Unheilig auch schon mal massenkompatibel waren :) Ich finde das auch gar nicht schlimm, denn warum soll eine Band nicht auch mal Erfolg haben… traurig finde ich dann halt nur, wenn die einschlägige Fachpresse der Meinung ist, das sie neue Werke verreißen müssen. Im Grunde ist ja egal was solche Bands für Werke als Nachfolger eines massenkompatiblen Werkes veröffentlichen, denn wenn es dem vorherigen Werk ähnlich ist, dann heißt es „Einheitsbrei und langweilig“ und wenn sie nun wie Oomph wieder etwas zynischer und kritischer werden, dann werden sie auch verrissen. Schade eigentlich.
Und zu den Texten… da kann ich Dir wieder nur voll und ganz Recht geben! Ich bin vielleicht nicht ein Fan der ersten Stunde, aber ich höre Oomph auch schon relativ lange und auch die frühen Scheiben und wenn man da mal etwas genauer hinhört, dann erkennt man was Du geschrieben hast.
Hallo Andre,
wo Du jetzt Unheilig ansprichst (ist ja eigentlich nicht das Thema hier, aber ich muß mal drauf eingehen), würde ich eher sagen, dass die jetzt erst massenkompatibel geworden sind, und ich dadurch erst drauf aufmerksam geworden bin. Massentauglichkeit hat also sehr wohl Vorteile, da hast Du Recht.
„Geboren um zu leben“ war ja ihr großer Durchbruch, und das war schon deutlich melodischer als viele frühere Titel. Und auch auf dem neusten Album merkt man diese Entwicklung sehr deutlich. Wobei ich nicht alle Titel kenne, ich hab nur mal probegehört.
Manche früheren Stücke erinnern sogar teilweise an Rammstein (was in Kombination mit der beeindruckenden Stimme des Grafen auch ein besonderes Feeling ist ;-) ). Davon hört man jetzt (leider) nicht mehr viel. Also tendenziell finde ich viele ältere Sachen besser.
@Anja
Hallo Anna,
man,man,man … und schon wieder muss ich Dir Recht geben! Bezügl. Unheilig kannst Du ja mal hier schauen: https://blog.andere-sichtweise.de/2012/03/17/unheilig-lichter-der-stadt/
„Geboren um zu leben“ war wirklich ein sehr bewegender und extrem melodischer Song und wo wir schon mal von den alten Unheilig-Songs schreiben … ich finde „Mein König“ auch absolut genial und prinzipiell finde ich die alten Sachen auch hier besser!
Moin Andre,
Tut mir ja leid, ich liebe Musik nun mal und kann mich stundenlang darüber auslassen :-)
Ist ja lustig, dass wir da scheinbar die gleichen Eindrücke bez. Rammstein hatten. Ich kannte ja Deinen Artikel vorher nicht. Und ich muß auch dem ersten Kommentator des Artikels Recht geben. Als ich die erste Werbung „so wie du warst“ gesehen habe, hat mich das auch nicht gerade zum Kauf motiviert. Es war mir einfach zu 0815-mäßig. Da finde ich „Feuerland“ und „Eisenmann“ schon viel interessanter. Wobei da die Ähnlichkeit mit Rammstein schon so deutlich ist, dass ich mich frage ob das nicht Absicht ist.
Aloha ʻoe Anja,
da scheinen wir ja musikalisch in der Tat einige Parallelen zu haben… auch ich kann mich stundenlang über Musik auslassen und Musik begleitet mich irgendwie schon mein ganzes Leben (rein als Konsument) und bei mir läuft so ziemlich ständige Musik.
Also die Ähnlichkeiten zu Rammstein sind mir auch aufgefallen und das auch noch bei einigen anderen Alben wie z.B. bei Megaherz… was ja nicht bedeutet, dass das schlecht ist :)
Hi Andre,
da bin ich mal wieder nach langer Zeit. Hab die Jungs jetzt endlich mal live erlebt und kann nur sagen, jederzeit gern wieder. Kann es nur weiterempfehlen. Zur Hälfte das neue Album präsentiert und zur Hälfte ältere Produktionen. Hammer! :-) Hab noch einige sehr beeindruckende/zum schreien komische Interviews im Netz gefunden. Bin jetzt noch mehr Fan als vorher schon. :-)
lg