Abmahnungswelle Streamingportale – ein Update
Ich hatte hier ja bereits einen Beitrag zu verfasst und irgendwie scheint das Thema immer noch nicht so ganz durch zu sein und aus diesem Grund wollte ich mal einen kurzen Update-Beitrag schreiben. Das Thema wird natürlich reichlich und heiß im Netz diskutiert und es kommen immer wieder neue Aspekte ans Tageslicht. Dieser Artikel hier soll nur mal schnell den momentanen Stand der Dinge wiedergeben und wer Interesse hat, kann sich ja mal meinen ursprünglichen Beitrag dazu durchlesen.
Da ich in diesem Beitrag reichlich externe Links verwenden werde, werde ich natürlich versuchen die jeweiligen Quellen korrekt anzugeben und am Ende des Artikel, wird man dann diese finden können. Sollte ich hier auch in irgendeine Falle tappen, dann tut es mir Leid, aber man kann mich sehr gerne kontaktieren und um eine Korrektur bitten … mich abzumahnen macht relativ wenig Sinn, denn bei mir ist so oder so nichts zu holen.
Wie ich ja bereits im Ursprungsartikel geschrieben hatte, gibt es zu dieser neuen Abmahnungswelle wirklich das eine oder andere Fragezeichen und diese Fragezeichen wurden natürlich auch von anderen aufgenommen und hinterfragt. Zusätzlich zu diesen ganzen Unklarheiten sind aber auch noch weitere Fragezeichen/Ungereimtheiten aufgetreten.
Bundesregierung sagt: „Streaming ist keine Urheberrechtsverletzung“
Im Verlauf dieser neuen Welle hat sich auch die Bundesregierung zu diesem Thema geäußert und hat ihren Standpunkt zum Streaming bekannt gegeben. [1]
Die Bundesregierung ist der Meinung, dass „das reine Betrachten eines Videostreams nicht für eine Urheberrechtsverletzung“ einzustufen ist. Das ergab die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Partei Die Linke, die die netzpolitische Sprecherin der Fraktion, Halina Wawzyniak, Spiegel Online [2] vorgelegt hat. Das Problem bei der Sache ist nur, dass die Regierung hier nicht handelt und sie zwar diese Aussage trifft, aber dem Abmahnwahn keinen Einhalt gebietet. Somit sagt der Anwalt Thomas Urmann von U+C natürlich, dass ihn das überhaupt nicht interessiert, was die Regierung da sagt. [3] Er hat durchaus Recht damit, dass unsere Regierung hier die Verantwortung nach auf Europaebene abgeschoben hat. Das ist wirklich sehr bedauerlich, denn so wissen die lieben Abmahnanwälte, dass die erst einmal nichts zu befürchten haben.
Urheber tauchen ab
Mittlerweile ist die vermeintliche Firma, die die Rechte an diesen Pornofilmen besitzen will und die durch U+C vertreten wird, wohl untergetaucht. [4] [5] Bei dieser Vorgehensweise kann man durchaus die Vermutung bekommen, dass es sich hier um eine geschickte Art des Betruges handelt und nicht um einen legitimen Rechtsanspruch aufgrund einer Urheberrechtsverletzung, denn dieses Vorgehen kommt einen schon irgendwie merkwürdig vor. Die Schweizer Firma The Archive AG (angebliche Rechtebesitzer der Pornofilme) ist verschütt. Die angegebenen Adressen sind falsch, die angegebenen Telefonnummern funktionieren nicht und es ist niemand zu erreichen und der neue Chef von Archive AG residiert angeblich laut Schweizer Handelsregister im afrikanischen Staat Benin
Aber The Archive AG ist nicht die einzige Firma, die hier verschwunden zu sein scheint. Angeblich wurde hier eine Firma mit der Ermittlung der IP-Adressen beauftragt und auch diese Firma scheint gänzlich von der Bildfläche verschwunden zu sein und die Webseite dieser Firma ist nicht mehr erreichbar.
Also für mich persönlich hört sich das schon alles sehr merkwürdig an!
Ein erster Lichtblick: Redtube erwirkt einstweilige Verfügung gegen Abmahner
Aber es scheint auch einen Punkt in diesem Fall zu geben, der einem Lichtblick gleicht. Das Streamingportal RedTube auf dem die Filme angeblich illegal angeschaut wurden, hat selber gegen die Abmahner eine einstweilige Verfügung erwirkt. [6] RedTube hatte sich hier bereits relativ schnell zu Wort gemeldet und hatte bekannt gegeben, dass sie keinerlei IP-Adressen an irgendwen rausgegeben hätten und dass die Privatsphäre ihrer Nutzer höchste Priorität hätten. Haken, den ich an der Sache sehe … die einstweilige Verfügung wurde gegenüber The Archive AG ausgestellt und somit gilt diese nicht genrell, sondern nur gegen diese Firma. Hier könnten also weitere zwielichtige Firmen auf diesen Zug aufspringen und selber auch Abmahnungen initiieren.
Es ist zwar ein erster Schritt, geht meiner Meinung nach aber nicht weit genug.
Die ersten Nebeneffekte: Versicherungen wittern Geschäft mit der Internetangst
Natürlich bleibt generell so etwas nicht ohne Folgen, mal ganz abgesehen von der Diskussion, die dieser Fall angestoßen hat. So wie es aussieht, wittern hier die ersten Versicherung ein fettes Geschäft und ich würde die fast in einen Topf mit den Abmahnern werfen. [7] Hier wird eindeutig mit der Angst der Internetuser gespielt und es wird versucht hier ein Geschäft zu machen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es in diesen Versicherungsverträgen auch wieder genug Fallstricke geben wird, die die Versicherung davor abhalten werden etwas zu zahlen. Also ein Schutz vor etwas, was eigentlich gesetzlich geregelt werden müsste, den man somit nicht bräuchte und den man vermutlich auch nie bekommen wird.
Gutachten zur Redtube-Überwachungssoftware „nichtssagend“
Ach was … wirklich!? Also rein aus technischer Sicht habe ich mich natürlich gefragt, wie um alles in der Welt die Firma an die IP-Adressen der User gekommen sein will und diese Frage habe natürlich nicht nur ich mir gestellt. Tja … jetzt ist sie beantwortet … oder auch nicht! (*Ironie*) Es liegt nämlich mittlerweile ein Gutachten vor, dass das eigentlich erklären sollte, aber dieses Gutachten wird von vielen Leuten als komplett nichtssagend eingestuft. [8] Wer Interesse hat … Die Rechtsanwälte der Kanzlei Müller Müller Rößner (MMR) haben das Gutachten als PDF [9] veröffentlicht. Eigentlich sollte das Gutachten die Funktionsweise der Software GladII 1.1.13 der Firma ItGuards beschreiben, die die IP-Adressen beim Abruf von Streams ermittelt haben will, aber wie die Anwälte kritisieren: „Die entscheidende Frage, wie der Traffic zwischen Nutzer und Medien-Hoster protokolliert wurde, wird gar nicht angesprochen“
Also ich finde es schon sehr spannend, wie das Landgericht Köln auf dieser Grundlage die Herausgabe der Adressdaten freigeben konnte.
Ein zweiter Lichtblick: Landgericht Köln nimmt erste Streaming-Abmahnungen „zurück“
Wie ich ja bereits im Ursprungsbeitrag geschrieben hatte, hat man mit den IP-Adressen der User ja noch nicht deren Adresse und somit musste man sich diese Adressen besorgen. Hierzu hat man einen Antrag auf Herausgabe der Adressen beim Landgericht Köln erwirkt und dieses Gericht hatte dem auch stattgegeben. Nunja … jetzt rudern sie zurück! Den Anträgen auf Herausgabe der Namen und Adressen der Telekom-Kunden hätte nicht entsprochen werden dürfen und es würde sich bei Streaming um „keinen relevanten rechtswidrigen Verstoß im Sinne des Urheberrechts“ handeln. [10]
Aha! Das ist ja schon mal interessant. Also das ein Gericht tatsächlich mal einen Fehler einräumt, ist vermutlich auch eher selten, aber immerhin haben sie es getan. Die Frage ist nur, was das nun bedeutet.
Auf Golem.de ist nachzulesen:
„Über die Abmahnungen hat die Kammer nicht entschieden“, sagte Hoppe Golem.de. „Es ging nur um die Frage, ob die Auskunft so gestattet werden durfte. Das hat die Kammer jetzt verneint.“ Durch die Entscheidung ist angedeutet, dass „die vorgelegten Beweise in einem Folgeprozess nichts wert sein könnten“.
Also … nur ein kleiner Lichtblick für die Betroffenen.
Momentaner Stand – 30.01.2014
Es ist weiterhin nichts entschieden und es bleibt weiter spannend.
Meiner Meinung nach gibt es in diesem Fall extrem viele Unklarheiten und Ungereimtheiten und für mich liest sich das alles immer noch so, als ob hier jemand versuchen würde den großen Reibach zu machen. Bedauerlich finde ich, dass es dieses Gesetzeslücken überhaupt gibt und beängstigend ist, wie hilflos wir Internetnutzer hier sind und das uns unsere Regierung nur sehr wenig schützt. Die Lobbyisten scheinen hier wirklich stark am Werk zu sein, denn schaut man sich mal die andere Seite an, dann ist die Regierung schon dahinter her die „bösen User“ zu verurteilen.
Ich werde den Fall auf jeden Fall weiter im Auge behalten und bin schon gespannt, was als nächstes passiert!
Wer sich auch auf dem Laufenden halten möchte, der kann ja mal mehr oder minder regelmäßig hier vorbei schauen:
- Golem.de –> http://www.golem.de/
- Heise Newsticker –> http://www.heise.de/newsticker/
- Onlinekosten.de –> http://www.onlinekosten.de/
- Gulli.com –> http://www.gulli.com/
Randbemerkung
Auch wenn man den Eindruck bekommen könnte … NEIN! Ich bin von dieser Abmahnwelle nicht persönlich betroffen. :rock_ang:
Ich finde aber weiterhin, dass das ein Todesurteil für das Internet in Deutschland sein könnte, denn es gibt hier einfach unglaublich viele Fallen, in die man tappen könnte. Eigentlich müsste man bevor der Benutzung des Internets einen Rechtskurs belegen und selbst dann wäre man hier nicht sicher, ob man nicht doch das eine oder andere übersehen hat. Bedauerlich, dass so etwas hier möglich ist.
Quellen-Angaben:
[4] = http://www.gulli.com/news/23148-der-fall-redtube-urheber-tauchen-ab-gutachten-untauglich-2014-01-20
[5] = http://www.golem.de/news/redtube-pornostream-abmahner-tauchen-offenbar-unter-1401-103961.html
[9] = http://abmahnung-medienrecht.de/wp-content/uploads/2014/01/Gutachten_zur_Software_GLADII_1_1_3.pdf
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